Deutschland und seine Datenschutzhysterie, zum heulen!
Am Freitag, 19.08.2011, stellt sich Deutschland das nächste Bein, wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht! Genauer gesagt ist es das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (kurz ULD). Erste spezialisierte Anwälte, wie z.B. Nina Diercks und Udo Vetter, melden sich bereits zu Wort. Und das nicht nur von rechtlicher Seite! Als „digital native“ drückt mich dieser Schuh noch mehr als die beiden Anwälte und ich frage mich: „Ist Deutschland so blind?“ Als Teil dieses Vereins will ich (Roland Hemmpel) zu der Thematik einmal Stellung nehmen:
Da hat mir niemand reinzureden…
Technisch steckt da ja weitaus mehr dahinter als nur eine Fanpage oder ein klick auf den Like-Botton auf einer X-beliebigen Webseite. Innerhalb von Facebook herrscht „Totalüberwachung“, das ist klar, dazu habe ich mich aber EXPLIZIT bereit erklärt als ich Mitglied wurde, ENDE… Da hat mir auch gefälligst niemand reinzureden. Wen das stört, der darf sich eben nicht bei Facebook (bzw. ähnlich aufgestellten Netzwerken) anmelden.
Immer kritisch: Der „Like“-Button und die Plug-ins
Kritisch dagegen ist z.B. der Like-Button (das alte Lied), bzw. weitere Social-Plugins wie die Fanbox, oder auch Googles +1-Button, die allgemein ja per iFrame in Webseiten eingebunden werden. Hier wird eine Technik zur Verfügung gestellt die es dem Anbieter (z.B. Facebook, ich bleibe jetzt einfach bei dem Beispiel) erlaubt zu registrieren welche IP-Adresse welche Webseite besucht hat auf der das betreffende Plugin (z.B. Like-Button) installiert ist. Dazu muss der Besucher nicht mal Facebook-Mitglied sein.
Bei einem angemeldeten FB-User geht die Datenerhebung einen Schritt weiter, da der IP jetzt ein FB-Profil (Name, Bild, Alter, etc. eben alles was man im Profil angegeben hat) zugeordnet werden kann. Auch dem habe ich EXPLIZIT bei meiner Registrierung bei FB zugestimmt.
Das Problem ist nur, dass das schon wieder die wenigsten Menschen wissen, da sie bei der Anmeldung weder die Nutzungsbedingungen noch die Datenschutzrichtlinien gelesen haben. Meine Meinung: selbst schuld, wer lesen kann ist klar im Vorteil in dieser Welt.
Datenschutzrechtlich am kritischsten sind Social-Plugins, die auf einer beliebigen Webseite Profildaten von Usern zeigen (z.B. die Fanbox, die Name, Bild und Link zum Profil bietet). Aber auch das wird explizit in den Tiefen von Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbestimmungen erwähnt.
Dataminers, Anonymität oder totale Offenheit…
Ja, Facebook ist ein Dataminer, Google genauso… prinzipiell aber auch die alten VZ-Dienste, Amazon oder z.B. Delicious. Das ist seit Jahren bekannt und seit Jahren motzen die Einen und die Anderen tracken fröhlich weiter. In meinen Augen zeigt das schon eine gewisse thematische Inkompetenz des Gesetzgebers, hier keine klare Grenze definieren zu können. Das Thema ist durchaus heikel. Eine totale Anonymität des Users im Web finde ich ebenso wenig praktikabel wie eine totale Offenheit aller Daten (somit auch personenbezogener). Ich könnte hier jetzt stundenlang über das für und wider referieren… nein, ich erspare es Euch, das würde zu technisch und zu weit vom Kernthema weg führen.
Die Ignoranz der Datenschützer
Es gibt in dieser ganzen Datenschutzdebatte aber zwei Standpunkte, die vor allem von Datenschützern, wie z.B. Thilo Weichert, völlig ignoriert werden. Leider, muss ich sagen, denn genau die drücken die eigentliche Notwendigkeit einer größeren Selbstbestimmung des Individuums und eine zeitgemäße Anpassung des Datenschutzrechts aus:
1) Generell sind auch in Deutschland soziale Netzwerke inzwischen mit wirtschaftlichen Interessen verbunden. Nicht nur die der Anbieter wie Facebook, die sind mir reichlich egal. Vielmehr die Interessen jeder Firma, ob Konzern oder Kleinunternehmer, die z.B. bei Facebook eine Fanpage unterhält. Social Media ist zumindest ein Rad im Getriebe des deutschen Wirtschaftsmotors.
2) Was wollen die User? Wenn ich mir die Entwicklung der Nutzerzahlen von Facebook, Twitter, Gowalla, Foursquare, bzw. des kompletten Mobile-Web-Marktes alleine in Deutschland ansehe ist relativ klar: Die User wollen soziale Netzwerke, die User wollen Mobile-Web, Location based Services, Individualisierung auf Webseiten und teilweise sogar personalisierte Werbung.
Eine eindeutige Botschaft der Nutzer an den Gesetzgeber!
Natürlich weiß lange nicht jeder User dieser hippen, bunten, neuen Welt voller Likes, Tweets Check-ins und Apps darüber Bescheid wer bei welchem Klick was über ihn herausfindet. Aber zumindest zumindest haben die meisten schon mal den dummdreisten, im Kern aber wahren, Satz gehört „Facebook klaut Deine Daten!“. Trotzdem wachsen die Nutzerzahlen…
Ich sehe hierin eine eindeutige Botschaft an den Gesetzgeber: Wir haben Bedarf an dieser Technologie, nicht an einer weitgehenden Einschränkung dieser!
Entsprechend sehe ich hier einen Bedarf an einer gesetzlichen Anpassung zu mehr Selbstbestimmung und einen sehr hohen Aufklärungsbedarf, da viele Menschen sich wegen der Komplexität des Themas erst gar nicht damit auseinandersetzen. Das Ergebnis ist häufig Desinteresse gegenüber dem Schutz der eigenen Daten oder aber Angst vor der Technik.
Zumindest diesen Aufklärungsbedarf zu stillen versuchen wir von @Mediakompetenz.
Euer Roland Hemmpel
Hab es auch schon auf FB gepostet:
Deutschland beschneidet sich selbst in der Wettbewerbsfähigkeit! Bei aller Liebe zum Datenschutz, aber jeder entscheidet doch selbst, ob er Fan bei einer Fanpage wird oder nicht!
Wie weit sind öffentliche Instanzen wie das Datenschutzzentrum von der realen Welt entfernt?
Die Nutzer des Internet wollen diese Aktivitäten von Herrn Professor Thomas Hoeren oder Herrn Weichert nicht! Die sind nur nicht „vernetzt“ und kapieren es deshalb wahrscheinlich nicht!
Euer Manuel Hiemer